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6.7.2025: Der kleine Bär und die verlorene Farbe

Im hohen Norden, wo Schnee und Stille den Tag begleiten, lebte ein kleiner Bär namens Ben. Ben war neugierig und träumerisch, und obwohl der Winter lang war, liebte er den glitzernden Schnee und die klare Luft. Doch eines Morgens, als er aufwachte und seine Tatzen durch den Schnee zog, wirkte alles um ihn herum grau. Der Himmel war bleich, der Wald still, und selbst der Schnee schien nicht mehr zu funkeln. „Wo sind die Farben geblieben?“ fragte Ben leise. Er trottete durch den Wald und suchte. Er fragte die Schneeeule, doch die sagte nur: „Ich sehe nur Weiß, wie jeden Tag.“ Er fragte das Rotkehlchen, doch auch das antwortete: „Ich bleibe nur kurz, dann fliege ich weiter.“ Sogar der alte Fuchs, der sonst alles wusste, zuckte nur mit den Schultern. „Vielleicht habe ich sie verloren“, murmelte Ben. „Vielleicht ist es meine Schuld.“ Er setzte sich auf einen verschneiten Hügel und blickte in den blassen Himmel. Da hörte er ein Rascheln neben sich. Ein kleiner Hase war gekommen, mit Schnee i...

29.6.2025: Die kleine Maus und der größte Ton

In einem alten, moosbedeckten Baumstumpf lebte eine kleine Maus namens Mia. Mia war leise, vorsichtig und sehr höflich. Sie hörte lieber zu, als selbst zu sprechen, und wenn sie sprach, dann ganz still und freundlich. Die anderen Tiere im Wald waren lauter. Der Frosch quakte den ganzen Tag. Der Specht klopfte so laut, dass es durch den ganzen Wald hallte. Und wenn der Esel lachte, bebte sogar der Boden. Mia hörte ihnen zu und dachte oft: „Ich bin so klein. Meine Stimme ist kaum zu hören. Ich bin bestimmt nicht wichtig.“ Eines Abends kündigte die Eule ein großes Konzert an. „Jeder im Wald darf einen Ton machen. Einen einzigen. Zusammen wollen wir hören, wie unser Wald klingt.“ Alle Tiere waren aufgeregt. Der Frosch übte sein Quaken, der Dachs stampfte mit den Pfoten, die Vögel zwitscherten in den höchsten Tönen. Nur Mia saß still in ihrer Höhle. „Ein Ton von mir wird niemand hören“, dachte sie. Am nächsten Abend versammelten sich alle Tiere auf der großen Lichtung. Die Eule hob ihren Fl...

22.6.2025: Der kleine Dachs und der Wunsch, alles zu können

Tief im Wald, wo die Wege sich zwischen Farnen und alten Wurzeln schlängelten, lebte ein kleiner Dachs namens Matti. Matti war ein freundlicher Dachs, ein bisschen schüchtern, aber immer neugierig. Er bewunderte die anderen Tiere sehr. Der Hase konnte schnell rennen. Die Eule wusste alles. Der Fuchs war schlau. Und der Specht konnte so wunderbar laut klopfen. „Wenn ich doch nur auch etwas ganz Besonderes könnte“, seufzte Matti eines Abends, als er sich in seinem Bau zusammenrollte. Am nächsten Morgen stand er früh auf. „Heute will ich herausfinden, was ich gut kann“, sagte er entschlossen. Zuerst versuchte er zu rennen wie der Hase – aber nach ein paar Metern musste er keuchend stehen bleiben. Dann wollte er so klug sein wie die Eule und stellte sich unter ihren Baum. Doch als er sie fragte, was eine Sternschnuppe sei, lachte sie nur und sagte: „Das muss man fühlen, nicht erklären.“ Matti stapfte weiter, etwas niedergeschlagen, und traf schließlich den alten Fuchs. „Was suchst du, klei...

15.6.2025: Der kleine Igel und der Tag, der zu schnell war

Am Rand einer wilden Blumenwiese lebte ein kleiner Igel namens Paul. Paul war ein fröhlicher Igel, der am liebsten den ganzen Tag unterwegs war. Er schnupperte an Blüten, plauderte mit den Marienkäfern und rollte sich kichernd den Hügel hinab. Doch eines Tages, als die Sonne langsam unterging, saß Paul ganz still in seinem Nest aus Laub und moosweichen Blättern. „Was ist los mit dir?“ fragte die alte Feldmaus Frieda, die in der Nähe wohnte. Paul seufzte. „Heute war so ein schöner Tag – und jetzt ist er schon vorbei. Ich wollte noch so viel machen. Und jetzt ist es zu spät.“ Frieda setzte sich neben ihn. „Weißt du, kleiner Paul“, sagte sie, „der Tag muss nicht lang sein, um gut gewesen zu sein. Es reicht, wenn du ihn mit offenem Herzen gelebt hast.“ „Aber was ist mit all den Dingen, die ich nicht geschafft habe?“ fragte Paul leise. „Die laufen nicht weg“, antwortete Frieda. „Und manchmal, wenn man den Tag zu sehr festhalten will, vergisst man, wie schön er wirklich war.“ Paul dachte dar...

8.6.2025: Der kleine Rabe und das Geheimnis der Wolken

Weit oben in einem alten Baum lebte ein kleiner Rabe namens Rumo. Rumo war neugierig, klug und liebte die Geschichten, die der Wind mit sich brachte. Doch es gab eine Sache, die ihm Sorgen machte: Wolken. Wenn sich der Himmel zuzog und die Sonne verschwand, wurde Rumo unruhig. „Wo geht das Licht hin?“ fragte er seine Mutter. „Und was, wenn es nicht zurückkommt?“ Seine Mutter lächelte. „Das Licht ist nicht fort, Rumo. Es wartet nur hinter den Wolken. Manchmal braucht auch der Himmel eine Pause.“ Doch Rumo konnte das nicht glauben. In der nächsten Nacht, als dunkle Wolken über den Wald zogen, flatterte Rumo aus seinem Nest und flog los. Er wollte das Licht suchen – oder zumindest verstehen, wohin es ging. Er flog höher als je zuvor, durch Wind und Nebel, bis er eine große Eule traf, die ruhig auf einem Ast saß. „Warum bist du unterwegs, kleiner Rabe?“ fragte sie mit tiefer Stimme. „Ich suche das Licht“, sagte Rumo. „Ich will wissen, ob es wiederkommt.“ Die Eule blickte in den Himmel. „Si...

1.6.2025: Der kleine Hase und das Geräusch der Stille

Am Rand einer großen Wiese, zwischen hohen Gräsern und weichem Moos, lebte ein kleiner Hase namens Henri. Henri war ein fröhlicher Hase, der gerne sprang, lachte und mit den anderen Jungtieren Fangen spielte. Doch wenn der Abend kam und die Welt still wurde, wurde Henri oft unruhig. „Warum ist es plötzlich so leise?“, fragte er eines Abends seine Mutter, während sie gemeinsam in den Bau krochen. „Weil die Nacht beginnt, mein Schatz“, sagte sie sanft. „Und die Nacht bringt Ruhe für alle.“ Doch Henri konnte die Stille nicht gut leiden. Sie war ihm zu groß, zu leer. Ohne das Lachen, die Stimmen, das Trampeln und Rascheln fühlte er sich klein. In dieser Nacht lag Henri lange wach. Die anderen Hasen schliefen schon, aber Henri horchte in die Dunkelheit. Da war nichts. Kein Geräusch. Nur das leise Klopfen seines Herzens. Nach einer Weile stand er auf, kletterte vorsichtig aus dem Bau und setzte sich auf einen kleinen Hügel. Der Mond hing groß am Himmel, und die Wiese lag silbern im Licht. Da...

25.5.2025: Der kleine Maulwurf und das Licht in der Erde

Tief unter der Erde, wo es dunkel, kühl und still ist, lebte ein kleiner Maulwurf namens Moritz. Moritz mochte sein Zuhause. Die Tunnel waren weich, der Boden roch nach Wurzeln, und die Stille fühlte sich an wie eine Decke aus Erde. Doch manchmal fragte sich Moritz: „Wie sieht eigentlich das Licht aus?“ Er hatte noch nie die Sonne gesehen. Nur gehört, wie die Vögel über sie sangen und die Bienen von ihrem Glanz summten. „Manchmal“, sagte Moritz zu sich selbst, „möchte ich wissen, wie hell die Welt dort oben wirklich ist.“ Also beschloss er, eines Abends, als die Erde besonders weich war, einen neuen Tunnel zu graben. Langsam, behutsam und mit klopfendem Herzen schob er sich Stück für Stück nach oben. Er grub und grub, bis er schließlich mit der Nase frische Abendluft roch. Vorsichtig schob er den Kopf durch das letzte bisschen Erde – und blinzelte. Vor ihm lag die Welt: Eine Wiese, goldene Sonnenstrahlen, ein Himmel, der langsam in Abendfarben getaucht wurde. Moritz war sprachlos. Da s...