5.10.2025: Der Biber, der das Wasser vergaß
An einem breiten, friedlichen Fluss lebte ein junger Biber namens Benno. Benno war fleißig, klug und ein Meister im Bauen. Schon mit wenigen Ästen konnte er beeindruckende Dämme errichten, und alle Tiere am Ufer bewunderten seine Werke.
Eines Tages hörte Benno, wie ein Reiher sagte:
„Der Biber ist ein echter Architekt. Aber ob er auch weiß, warum er all das baut?“
Benno wurde nachdenklich. Er arbeitete viel. Er baute den ganzen Tag. Doch irgendwann fragte er sich: Wofür mache ich das eigentlich? Für wen? Und wann hatte er das letzte Mal einfach nur im Wasser geschwommen?
Am nächsten Morgen beschloss Benno, einen Tag lang nichts zu bauen. Er legte die Äste beiseite, tappte ans Ufer, setzte sich auf einen flachen Stein – und schaute einfach nur aufs Wasser.
Das Flussufer war still. Die Strömung glitzerte im Sonnenlicht. Eine Libelle landete auf seiner Nase, flog wieder fort. Benno spürte den Wind, hörte das Plätschern – und zum ersten Mal seit Langem war da kein Plan, keine Aufgabe, kein Ziel.
Nur er. Und das Wasser.
Er tauchte ein. Schwamm langsam. Trieb auf dem Rücken. Und plötzlich erinnerte er sich: Genau deshalb war er Biber geworden. Nicht nur, um zu bauen – sondern um hier zu leben. Mit dem Fluss. Für den Fluss.
Als der Abend kam, kroch Benno in seine Hütte. Sie war nicht perfekt. Ein Ast stand schief. Ein anderer fehlte. Aber das störte ihn nicht. Denn sein Herz war heute wieder ein Stück gewachsen – nicht durch Arbeit, sondern durch Stille.
Gute Nacht.
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