21.9.2025: Die kleine Eule, die den Tag suchte
Weit hinten im dichten Wald, wo die Bäume so hoch wuchsen, dass sie fast den Himmel berührten, lebte eine kleine Eule namens Elli. Elli war klug und neugierig – wie es sich für eine junge Eule gehört. Doch sie hatte ein ungewöhnliches Problem: Sie mochte die Nacht nicht.
„Es ist so dunkel“, seufzte sie eines Abends. „Und alle Tiere schlafen, wenn ich wach bin. Ich möchte den Tag sehen – die Sonne, die Blumen, die Schmetterlinge.“
„Aber wir Eulen leben in der Nacht“, sagte ihre Mutter sanft. „Das ist unsere Zeit.“
Doch Elli konnte ihre Sehnsucht nicht vergessen. Also beschloss sie, einmal bei Sonnenaufgang wach zu bleiben. Während alle anderen Eulen müde ihre Köpfe unter die Flügel steckten, saß Elli auf einem Ast und wartete.
Langsam wurde der Himmel heller. Erst grau, dann rosa, dann golden. Die Sonne kletterte über die Baumwipfel, und mit ihr erwachte der Wald.
Elli staunte. Sie sah Tautropfen glitzern, hörte die Vögel singen und beobachtete, wie ein Fuchs gähnend aus seinem Bau trat. Es war wunderbar. Warm, lebendig, anders.
Als die Sonne ganz oben stand, wurde Elli müde. Ihre Augen wurden schwer. Da setzte sich ein Schmetterling neben sie.
„Du bist neu hier oben“, sagte er.
„Ich wollte den Tag sehen“, flüsterte Elli schläfrig.
Der Schmetterling nickte. „Dann hast du jetzt einen Teil davon in deinem Herzen. Den kannst du mitnehmen in deine Nacht.“
Elli lächelte und flog zurück zu ihrem Baum. Als sie sich in ihr Nest kuschelte, war es wieder dunkel. Doch diesmal störte sie das nicht.
Denn in ihrem Traum flatterten bunte Flügel durch goldenes Licht – und der Tag war ganz nah bei ihr.
Gute Nacht.
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